Lass uns mal über Naturkosmetiksiegel und Zertifizierungen reden:
Grundsätzlich ist es in Deutschland so geregelt, dass für jedes Produkt, das in Verkehr gebracht wird, eine Produktinformationsdatei erstellt werden muss. Darin enthalten sind alle wichtigen Eigenschaften, Merkmale und Funktionen des Produktes. Der sogenannte Sicherheitsbericht, den ein externes Labor erstellen muss, enthält alle Datenblätter, die die Sicherheit der einzelnen Rohstoffe bestätigen. Daraus ergibt sich z.B. deren maximale Einsatzkonzentration im Produkt. Auch wird sichergestellt, dass keine Tierversuche durchgeführt werden und keine toxischen Grenzwerte überschritten werden. Das Produkt wird samt Hersteller:innen- Adresse im CPNP = Cosmetic Products Notification Portal gemeldet. Das ist verpflichtend, so hat z.B. die Giftnotrufzentrale dadurch dann ein Portal, über das sie auf wichtige Informationen im Notfall zugreifen kann.
So weit so gut. Bis hierhin hat das einzelne Produkt bereits einen langen Weg hinter sich und Verbraucher:innen können jetzt schon davon ausgehen, dass das Produkt unbedenklich in der Anwendung ist.
Diesen Weg durchläuft übrigens jedes kosmetische Mittel, egal ob Naturkosmetik oder konventionelle Kosmetik.
Die Sache mit den Siegeln für Naturkosmetik wie z.B. die bekanntesten Natrue, BDIH oder Ecocert, ist jetzt noch mal etwas anderes. Diese haben weder mit der Produktsicherheit, der Produktqualität oder der Anwendungsfreundlichkeit zu tun.
Sie haben grundlegend z.B. folgende Kriterien gemeinsam:
Verzicht auf synthetische Farb-, und Duftstoffe sowie Konservierungsstoffe (z.B. Parabene)
Verzicht auf erdölbasierte Inhaltsstoffe (z.B. Paraffine)
Verzicht auf Silikone
Verzicht auf gentechnisch veränderte Organismen
Alle Inhaltsstoffe müssen natürlichen Ursprungs oder naturidentisch sein.
Je nach Zertifizierungsstufe: Ein festgelegter Mindestanteil an Inhaltsstoffen muss aus Bio-Anbau stammen.
möglichst umwelt- und ressourcenschonende Herstellung der Produkte
möglichst umweltschonende/recycelbare Verpackungen
Das Siegel bekommen Produkte aber nicht automatisch, weil sie diese Kriterien erfüllen, sondern weil die Hersteller:innen viel Geld dafür bezahlen!
Und hier ist der Haken an der Geschichte: Kleine Manufakturen, Startups und lokale Hersteller:innen haben selten das Budget, um sich solch ein bekanntes Siegel leisten zu können. Und als wirklich unabhängig empfinde ich diese Beurteilung auch nicht, wenn sie teuer erkauft wird.
Das finde ich persönlich sehr schade, denn das industrialisiert in meinen Augen auch wieder die Naturkosmetikbranche, die doch eigentlich das Hauptaugenmerk auf Nachhaltigkeit legen sollte und nicht auf die Finanzierung teurer Auszeichnungen.
Was kannst Du als Verbraucher:in tun? Informiere Dich über Inhaltsstoffe, schau Dir an, wer hinter einer Marke steht und wo produziert wird. Denn ein Siegel für Naturkosmetik ist zwar eine gute Orientierung, sagt aber noch lange nichts über die Qualität der Produkte aus, die kein Siegel tragen!
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